Jahrbuch_2024/2025

„Dank der richtigen Kombination aus Innovation und Operational Excellence sind wir nachhaltig erfolgreich.“

 Dr. Martin Komischke

Die Tatsache, dass HOERBIGER im vergangenen Geschäftsjahr in einem so außergewöhnlich anspruchsvollen Umfeld das beste Ergebnis seiner 130-jährigen Geschichte erreicht hat, erfüllt Dr. Martin Komischke, Präsident des Verwaltungsrates der HOERBIGER Holding AG, mit Stolz. Für ihn ist klar: Die Fähigkeit, sich in einem herausfordernden Umfeld zu behaupten, ist eine der größten Stärken von HOERBIGER.

Wie beurteilen Sie das vergangene Jahr für den HOERBIGER Konzern?

 

Dr. Martin Komischke — Kurz gesagt: Es war das beste Jahr in unserer Geschichte. Das zeigt sich in mehreren Dimensionen: den Zahlen – insbesondere dem Wachstum, der Profitabilität, den Innovationen und der Qualität, mit der wir unser Geschäft am Markt weiterentwickelt haben. 2024 war ein Jahr, in dem viele Unternehmen große Herausforderungen bewältigen mussten, um über die Runden zu kommen. Dass wir ausgerechnet in einem so außergewöhnlich anspruchsvollen Umfeld das beste Ergebnis in unserer 130-jährigen Geschichte erreicht haben, erfüllt mich mit großem Stolz.

„Ich wünsche mir, dass wir uns in neue Märkte wagen, die uns wie eine Strömung mittragen, anstatt dass wir gegen sie ankämpfen müssen.“

Dr. Martin Komischke 
Präsident des Verwaltungsrates

Was hat aus Ihrer Sicht diesen Erfolg ausgemacht?

 

MK — Diesen Erfolg verdanken wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, denn die lokal verankerten Teams, die unternehmerisch denken und eigenverantwortlich handeln, machen den entscheidenden Unterschied. Wir haben in den vergangenen Jahren das bestehende Team gezielt verstärkt – und zwar auf allen Ebenen der Organisation, in der Konzernleitung und im Verwaltungsrat. Viele der neuen Kolleginnen und Kollegen haben mit entscheidenden Impulsen dazu beigetragen, dass wir das vergangene Jahr so erfolgreich gestalten konnten.

 

Was macht das Team HOERBIGER so erfolgreich?

 

MK — Wir beherrschen die Kunst, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Kontinuität zu bewahren – und das in allen Bereichen. Wir haben erfolgreich an Innovationen gearbeitet, neue Märkte erschlossen und bestehende weiterentwickelt, obwohl einige, wie der Automobilmarkt, im Ausnahmezustand waren. Ein für mich persönlich wichtiger Erfolg ist das hervorragende Zusammenwirken von Verwaltungsrat und Konzernleitung. Unsere Zusammenarbeit zeichnet sich durch Offenheit, gegenseitiges Vertrauen und einen klaren Fokus auf eine gemeinsame Zukunftsvision aus. Dieses Miteinander hat wesentlich zu unserem Erfolg beigetragen.

 

Wo liegen Ihrer Meinung nach die Herausforderungen?

 

MK — Die größte Herausforderung liegt in den bereits erwähnten Verwerfungen, die in einigen Märkten herrschen. In diesem Umfeld müssen wir besonders wachsam und anpassungsfähig sein, um erfolgreich zu bleiben. Unsere Division Automotive hat dies bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Ein weiteres wichtiges Thema ist die fortlaufende Überprüfung und Anpassung unserer Strategie, um auf die zahlreichen Veränderungen im Markt angemessen reagieren zu können. Es erfordert Weitblick und Agilität, unsere Position in einem dynamischen Umfeld weiter zu stärken.

 

Sie sprechen die Strategie an, die der Verwaltungsrat 2021 gemeinsam mit der Konzernleitung formuliert hat. Was war der Grund für die erneute Diskussion?

 

MK — Wir überprüfen unsere Strategie in regelmäßigen Abständen, um sicherzustellen, dass sie mit den aktuellen Marktentwicklungen übereinstimmt. Besonders im Automobilbereich und im Wasserstoffmarkt war es notwendig, unsere Annahmen und geplanten Schritte zu hinterfragen. Dabei ging es darum, zu analysieren, ob wir die richtigen Entscheidungen getroffen haben, um uns effektiv an die veränderten Marktbedingungen anzupassen und langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

„Wir beherrschen die Kunst, in wirtschaftlich schwierigen

Zeiten Kontinuität zu bewahren – und das in allen Bereichen.“

Und zu welchem Resultat sind Sie gekommen?

 

MK — Ein wichtiger positiver Aspekt war die Bestätigung, dass wir im Gasmarkt weiterhin eine starke Marktposition innehaben und uns dort als führender Player etablieren wollen. Auch die Bereiche Halbleitertechnologie, Medizintechnik und Biotechnologie wurden als große Wachstumsfelder bestätigt. Das sind Märkte, die von einem Megatrend getragen werden und in denen wir uns stärker positionieren wollen. Anpassungen gab es insbesondere im Automobilbereich. Ursprünglich gingen wir davon aus, dass der Markt stabil bleibt oder nur geringfügig schrumpft. Heute müssen wir uns jedoch auf einen beschleunigten Rückgang des Marktes und den Wandel durch neue Technologien einstellen.

 

Ein zentrales Element der Wachstumsstrategie sind Akquisitionen. Welche Technologien passen in das Portfolio von HOERBIGER?

 

MK — Akquisitionen müssen unsere bestehenden Fähigkeiten und Geschäftsmodelle sinnvoll ergänzen oder erweitern. Wir bleiben unseren Wurzeln treu: Es fängt immer an mit „Performancebestimmende Komponenten für …“ und endet mit einem Serviceangebot. Eine weitere Kernkompetenz, die wir gezielt bei Akquisitionen einbringen können, ist unsere Operational Excellence. Das ist eine Stärke, die uns oft gar nicht in vollem Umfang bewusst ist. Jahrzehnte in anspruchsvollen Branchen wie der Automobilindustrie haben uns extrem leistungsfähig gemacht, insbesondere im Hinblick auf die Frage, wie wir selbst in schwierigen Märkten attraktive Profitabilität und Wachstum erzielen können. Ein gutes Beispiel dafür ist unser Air-&-Industrial-Geschäft in der Division Compression. Dank unserer operativen Stärke haben wir diesen Bereich zu einem echten Wachstumstreiber entwickelt.

Durch die hervorragende Arbeit in den vergangenen Jahren haben wir uns als attraktiver Akteur auf dem M&A-Markt etabliert. Dank unseres profitablen Wachstums verfügen wir über die notwendigen finanziellen Mittel und eine hohe Glaubwürdigkeit bei Kapitalgebern. Das ist entscheidend, denn obwohl wir realistisch an das Thema herangehen, haben wir die Ambition, Akquisitionen zu tätigen, die das Wachstum und die Stabilität von HOERBIGER auf ein neues Niveau heben. Solche Akquisitionen in nennenswerter Größenordnung erfordern erhebliche finanzielle Mittel – Summen, die wir nicht einfach aus dem Eigenkapital decken können.

 

Dr. Martin Komischke mit Dr. Andreas Hünerwadel

Dr. Martin Komischke mit Dr. Andreas Hünerwadel, dem Präsidenten des Stiftungsrates der HOERBIGER Stiftung.

 

Können Sie sich vorstellen, dass HOERBIGER auch bestehende Unternehmenseinheiten veräußert?

 

MK — Ja, ein seriöses Portfoliomanagement darf den Verkauf von einzelnen Unternehmenseinheiten nicht ausschließen. Ein Grund, sich von einer Unternehmenseinheit zu trennen, kann sein, dass sie strategisch nicht mehr in das Gesamtkonzept passt. Ein weiterer Grund wäre, dass wir als Eigentümer nicht mehr in der Lage sind, diesen Bereichen die besten Zukunftsaussichten zu bieten – sei es, weil wir als Akteur zu klein sind oder andere Marktteilnehmer langfristige strategische Vorteile bieten, die wir selbst nicht haben oder nicht entwickeln können. Wir müssen uns dieser Frage stellen, weil sich die Märkte in einem ständigen Umbruch befinden. Es reicht nicht aus, einfach nur das fortzuschreiben, was wir heute tun. Stattdessen schulden wir unseren Mitarbeitenden und dem Unternehmen eine klare Perspektive für die Zukunft. Deshalb sollten Desinvestitionen nicht als Defizit gesehen werden, sondern als eine bewusste strategische Entscheidung, um langfristig Stabilität und Wachstum zu sichern – sowohl für HOERBIGER als auch für die betroffenen Organisationseinheiten und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

 

Wie beurteilen Sie die Innovationskraft von HOERBIGER, und welche Fortschritte wurden 2024 gemacht?

 

MK — Die Innovationskraft von HOERBIGER ist konstant geblieben – auf einem seit Jahren außerordentlich hohen Niveau. Der entscheidende Unterschied liegt heute darin, dass Innovation für uns nicht nur bedeutet, bestehende Produkte zu verbessern oder neue Produkte zu entwickeln, sondern auch sicherzustellen, dass diese Produkte die Marktanforderungen erfüllen und erfolgreich verkauft werden.

 

Experten erwarten, dass sich der allgemeine Durchbruch der Wasserstofftechnologie verzögert. Wie reagiert HOERBIGER auf diese Verschiebung?

 

MK — Der Wasserstoffkompressor bleibt ein zentraler Bestandteil unserer Strategie. Wir werden ihn weiterentwickeln und vermarkten, bis er seinen endgültigen Durchbruch erzielt. Wir haben den unternehmerischen Atem, diesen Weg konsequent zu verfolgen. Wir sind überzeugt, dass diese Kompressortechnologie universell einsetzbar ist und ein enormes Marktpotenzial hat. Andere Wasserstoffanwendungen prüfen wir hingegen kritisch auf ihre tatsächlichen Marktchancen, um unsere Ressourcen effizient einzusetzen.

 

Wie schätzen Sie die Entwicklung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die kommenden 12 bis 18 Monate ein?

 

MK — Bis jetzt schätze ich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in diesem Jahr für HOERBIGER noch als relativ zufriedenstellend ein. Ab dem vierten Quartal dürfte es jedoch deutlich schwieriger werden. Ich gehe davon aus, dass sich die weltwirtschaftliche Lage Ende des Jahres massiv verschlechtert. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir resignieren sollten. HOERBIGER hat in der Vergangenheit bewiesen, dass wir uns erfolgreich an schwierige Bedingungen anpassen können.

 

Sie arbeiten seit mehr als 30 Jahren für HOERBIGER. Gibt es etwas, das Sie über all die Jahre besonders begeistert hat?

 

MK — Was mich über all die Jahre begeistert hat, ist unsere Fähigkeit, trotz schwieriger Konjunkturen und Herausforderungen immer wieder neue Märkte zu finden und diese aktiv zu gestalten. Dabei schaffen wir es, mit der richtigen Kombination aus Innovation und Operational Excellence nachhaltig erfolgreich zu sein. Diese Fähigkeit verdanken wir unseren großartigen Mitarbeitenden.

Wenn ich an die Menschen denke, die hinter diesen Erfolgen stehen, bin ich beeindruckt von ihrem Engagement, ihrem Mut und ihrer Fähigkeit, selbst in schwierigen Zeiten Lösungen zu finden und umzusetzen. Das ist es, was HOERBIGER für mich ausmacht – seit 1993 und bis heute. Es ist diese besondere Kultur, diese Leidenschaft, die ich in keiner anderen Organisation so erlebt habe.

 

HOERBIGER feiert in diesem Jahr seinen 130. Geburtstag. Wenn Sie einen Wunsch für die Zukunft des Konzerns frei hätten, welcher wäre das?

 

MK — Mein größter Wunsch für die Zukunft von HOERBIGER ist, dass wir die Herausforderungen in Märkten wie dem Öl- und Automobilgeschäft erfolgreich meistern und gleichzeitig neue Märkte erschließen, die Teil langfristiger, nachhaltiger Wachstumstrends sind. Diese neuen Märkte sollen nicht nur Stabilität schaffen, sondern uns auch auf eine Art und Weise Antrieb geben, die es uns ermöglicht, auch in Zukunft erfolgreich zu sein. 

Momentan kommt es mir vor, als ob wir in einem Fluss gegen die Strömung schwimmen. Wir kommen mit größter Anstrengung vorwärts, aber es kostet enorme Energie. Ich wünsche mir, dass wir uns in neuen Märkten etablieren können, die unser Wachstum wie eine tragende Strömung unterstützen – ja sogar beschleunigen. Wenn wir uns in Märken mit Megatrends – oder vielleicht nennen wir sie lieber nachhaltige Zukunftsthemen – bewegen, dann können wir mit gleicher Energie Großes erreichen. Das ist dann so, als würden wir ins Wasser springen, und die natürliche Strömung trägt uns mit hoher Geschwindigkeit an unser Ziel.

Wenn wir das schaffen, dann wird HOERBIGER nicht nur auf seinen bisherigen Erfolgen aufbauen können, sondern auch neue Maßstäbe setzen. Das ist es, was ich dem Unternehmen für die Zukunft wünsche – dass wir in den nächsten Jahrzehnten genauso erfolgreich und zukunftsorientiert agieren, wie wir das in den vergangenen 130 Jahren getan haben.

 

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